INTERVIEW MORITZ MASBERG, Partner bei Smith Gambrell Russell in New York,
ist spezialisiert auf die Beratung deutsch-sprachiger Firmen in den USA
Herr Masberg hat als deutsch-amerikanischer Anwalt mit entsprechendem Wirtschaftshintergrund schon viele Unternehmen bei ihrem Markteintritt in die USA begleitet. Nun stellt sich die Situation in diesem Jahr angesichts der Wahlen vielleicht etwas anders dar.
Macht es in Ihren Augen einen Unterschied für deutschsprachige Unternehmen, die einen Markteintritt in die USA planen, wer die Wahl gewinnt?
Moritz Masberg: Im Großen und Ganzen nein. Unter beiden Präsidenten lieferte die US Wirtschaft sehr starke Zahlen ab, sowohl was den Aktienmarkt als auch Beschäftigung angeht. Die Lockdowns, die einen schweren Einschnitt im Arbeitsmarkt verursachten, lagen im Wesentlichen in der Verantwortung der jeweiligen Gouverneure, d.h. der Bundesstaaten.
Die USA sind außerdem als Gewinner aus Covid hervorgegangen. Betrachtet man die Bundespolitik, haben beide Präsidenten nicht gänzlich unterschiedliche Programme vorzuweisen. Unter Präsident Trump wurde der CARES Act und unter Biden der Inflation Reduction Act verabschiedet, beide mit Stimmen aus dem jeweils anderen Lager. Etwas belastender waren dagegen die Tarife unter Präsident Trump, welche europäische Produkte, insbesondere Lebensmittel, weiter benachteiligt haben. Dennoch bleiben die USA als größte Volkswirtschaft ein Markt um den man nicht herumkommt und der es ausländischen Firmen mit einem tollen Produkt nicht schwer macht etwas Solides aufzubauen. Ganz im Gegenteil.
Hat es überhaupt Auswirkungen für Europäische Unternehmen in den USA?
Moritz Masberg: Das wird sich erst noch zeigen. Unter Trump war die Befürchtung 2016 besonders groß, tatsächlich waren die Jahre 2017 bis 2019 aber letztlich starke Jahre für viele europäische Unternehmen mit einem Fuß in den USA. Ausnahmen gab es im Visa Bereich, der strenger behandelt wurde. Wobei auch hier immer noch gilt, dass reputable oder gut aufgestellte Unternehmen und gut ausgebildete Fachkräfte oder Manager stets ein Visum bekommen. Professionelle Vorbereitung, insbesondere, was die inhaltliche Begründungen angeht, ist aber immer das A und O, ohne wird es sehr anstrengend oder geht schief.
Das klingt so, dass Sie angesichts der grossen Marktchancen nach wie vor wenig Gründe sehen, die Unternehmen abhalten sollten einen Schritt in die USA zu wagen. Was sind aber die größten Hürden, die größten Bedenken?
Moritz Masberg: Bedenken muss man keine haben. Man muss die Themen, die auf Sie zukommen können, kennen und darf keine Scheuklappen tragen. Das betrifft vor allem eine oft fehlende, obwohl leicht erreichbare steuerliche Optimierung. Sehr viel Geld kann ausserdem bei schlecht geplanten Joint Ventures oder falscher Standortwahl verloren gehen. Der Markteintritt kann mit wenigen Kosten optimal ausgestaltet werden und macht den Managern, die ich begleite, in der Regel sogar Spass. Hauptsorgen bilden natürlich Haftungsthemen, welche die europäische Muttergesellschaft bzw. die wohlhabende Konzerngesellschafft betreffen. Diese fuer Firmen durchaus existentiellen Themen kann man aber mit überschaubarem Aufwand sehr gut beherrschbar machen.
Welche Effekte erwarten Sie für die USA bei erhöhten Zöllen zwischen China und der EU?
Moritz Masberg: Die Wettbewerbsverfälschungen und unfairen Benachteiligungen, die von überbordender staatlicher Förderung ausgehen, sind offensichtlich. Innerhalb der EU ist diese folgerichtig verboten. Ob China sich durch Strafzölle bekehren lassen und staatliche Hilfe in einem zufriendenstellenden Masse zurueckschrauben wird, bleibt abzuwarten. Wer am Ende leidet, ist der Endverbraucher, dem die Kosten aufgedrückt werden. Für die USA sind die Effekte einer anschwellenden Handelsauseinandersetzung zwischen China und der EU vielseitig und komplex. US Produkte werden auf dem EU Markt wettbewerbsfähiger, andererseits drückt die mit Strafzoellen verbundene Unsicherheit die Investitionslust vieler Firmen – einschliesslich deutscher Unternehmen in den USA.
Wie schätzen Sie die Gefahr von Zöllen europäischer Unternehmen mit amerikanischer Niederlassung ein? Wie hoch sind diese und wie werden Zuliefererteile behandelt werden? Kann man dies durch eine eigene Produktionsstätte vermeiden?
Moritz Masberg: Jetzt muss ich kurz juristisch werden. Niederlassungen sind generell eine schlechte Idee, da man damit eine Betriebsstätte schafft mit all den Problemen, die das mit sich bringt, insbesondere US-Steuererklärung der deutschen Gesellschaft, doppelte Buchhaltung etc. Sinnvoller ist stets eine Tochtergesellschaft einzusetzen, also eine rechtlich selbstständige Organisation. Zum Zollthema: Den einen Wert gibt es nicht. Das US-Zollrecht kennt über 17.000 verschiedene Tarife. Mit eigener Produktion in den USA mag man bestimmte Zölle verhindern können, in der globalisierten Welt wird man aber (fast) immer auf Rohmaterialien oder Teile aus aller Welt zurückgreifen müssen. Ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU, wie es unter Obama einst angeschoben wurde, ist spannend, doch in weiter Ferne.
Kommt man dann in den Genuss von Subventionsprogrammen?
Moritz Masberg: Allerdings, unter Biden wurden enorme Summen in den Ausbau erneuerbarer Energien gesteckt. Wer hierin aktiv ist, sowie bei Speicherkapazität, Elektromobilität, Wärmedämmung etc. konnte auf Subventionen aus dem Inflation Reduction Act hoffen. Viel bedeutender und branchenunabhängig, d.h. allen Firmen zugänglich, sind aber die Fördertöpfe, die sich öffnen, wenn man eine Produktion aufbaut, worauf Ihre Frage ja auch abzielte. Die Standortwahl ist ein Prozess, den man professionell angehen sollte, vor allem wenn wir über die Schaffung von 40 oder mehr Arbeitsplätzen sprechen, unter dieser Zahl vereinzelt auch. Es reicht nicht, sich auf einen staatlichen Steuersatz und gute Verkehrsanbindung allein zu konzentrieren. Es gibt über 3,000 Counties in den USA, die sich um derartige Firmen reißen und Millionen Dollar anbieten, in Form von Steuererleichterungen, Zuschüssen, Bereitstellung oder Verbesserung der Infrastruktur, Grundstücken und und und. Wenn man sich hier informiert und dies nicht außer Acht lässt, kann man beim Markteintritt viel Geld sparen.
Herr Masberg, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Moritz Masberg referiert auch bei den Management Meetings der German American Trade Association zu diesen und weiteren Themen, das letzte in diesem Jahr am 11./12. September in München. www.american-trade.org